Fotoreportage von Franz Gloor gibt Einblick in den Alltag einer Hausarztpraxis

Bericht Oltner Tagblatt über den von archiv OLTEN mitorganisierten Anlass

Von Karola Dirlam-Klüh

Vor einigen Jahren kamen die Lostorfer Hausärzte Priska und Theo Kruker auf die Idee, ihre tägliche Arbeit in der Praxis von einem Fotografen dokumentieren zu lassen. Der Ende 2009 verstorbene Oltner Fotograf Franz Gloor übernahm diese Aufgabe und schuf mit viel Einfühlungsvermögen und Respekt eine Fotoreportage. Zu sehen war sie am Mittwochabend im Theaterstudio.

Ohne falsche Pose, pathetische Selbstinszenierung und künstlerischen Selbstreflex, stattdessen mit viel Würde und mitmenschlicher Zuversicht gestatte die vom Historischen Museum Olten und dem Verein «Archiv Olten» aus den Bildern Gloors zusammengestellte Reportage einen Einblick in den Alltag der krukerschen Praxis, findet Kulturvermittler Peter André Bloch. Der 75-Jährige, der viele Jahre mit Franz Gloor zusammenarbeitete und an der Vernissage zur Fotoausstellung in den Praxisräumen der Familie Kruker im August 2009 die Eröffnungsrede hielt, lobt seinen Freund für die gelungenen Fotografien in der Hausarztpraxis – die Momentaufnahmen in der Sprechstunde, im Wartezimmer, beim Empfang, beim Röntgen, beim EKG und Ultraschall, bei Untersuchungen der Kindergärtler, bei pädiatrischen Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen von Säuglingen und Kindern, bei Hausbesuchen auf dem Land und im Altersheim zeichneten sich durch ihre Natürlichkeit und Ungezwungenheit aus. «Sie stehen im Spiegelbild von Heilen und Helfen. Man spürt: Hier wird der Menschernst genommen. Die Patienten wissen sich in guter Hand. Kein Bildwirkt indiskret oder störend», so Bloch.

«Auf den Hausarzt ist Verlass»
Für Gabi Kissling-Winiger, Co-Präsidentin des Vereins der Solothurner Hausärzte und selbst Hausärztin in Kappel, kreierte Gloor mit seinen Fotos ein Gesamtbild des Hausarztberufs, welches die Wichtigkeit langfristiger, vertrauensvoller menschlicher Beziehungen zwischen Arzt und Patient verdeutliche: «In unserem Beruf geht es darum, den Menschen das zukommen zu lassen, was ihnen nützt, und sie vor dem zu bewahren, was ihnen schadet», erklärt Kissling-Winiger. Dass diese Aufgabe vor allem den Hausärzten zukomme, bestätigte auch Nationalrätin Bea Heim, die zur Stellung der Hausärztereferierte. Für sie haben die Hausärzte eine Schlüsselposition in der gesamten medizinischen Versorgunginne: «90 Prozent aller gesundheitlichen Probleme lösen die Hausärzte. Dabei verursachen sie jedoch nur zehn Prozent der Kosten aller medizinischen Leistungen.» Auch wenn Heim zugab, sich als Kind immer ein wenig vor der Behandlung beim Hausarzt gefürchtet zu haben, so habe sie doch immer gewusst: «Auf ihn ist Verlass – auch am Wochenende und in der Nacht.»

An Attraktivität eingebüsst
Leider habe der Hausarztberuf gerade aus diesen Gründen in den vergangenen Jahren an Attraktivität verloren; für viele Nachwuchsmedizinerseien Nachtdienste, die hohe Verantwortung und der «Knatsch mit den Krankenkassen» nicht erstrebenswert. Zudem habe auch die Wertschätzung des Berufs abgenommen: «In meiner Kindheit folgte der Doktor direkt nach dem Geistlichen, noch vor dem Lehrer. Das ist heute schon lange nicht mehr so», erzählt Bea Heim. Die Folge: 70 Prozent der heutigen Mediziner sind Spezialisten, nur 30 Prozent arbeiten als Allgemeinmediziner und Hausärzte. «Es herrscht schon heute Hausärztemangel», so Heim. «Und in den nächsten Jahren werden viele Hausärzte in Pension gehen, ohne einen Nachfolger gefunden zu haben.» Da die in Zukunft immer älter werdenden Menschen jedoch eine gut funktionierende medizinische Grundversorgungbräuchten, müsse diesem Mangeldringend entgegengewirkt werden, fordert Heim. Bisher habe die Schweiz dies leider mit dem Importausländischer Mediziner versucht, anstatt eigene Ärzte auszubilden. Sie habe so auf Kosten anderer Länder an der Ausbildung eigener Experten gespart. Dass diese Lösung keine Zukunft habe, sei offensichtlich. Stattdessen müsse die Hausarztmedizindringend wieder aufgewertet werden, und die Schweizer Universitäten müssten eigene Ärzte ausbilden –«schliesslich ist die Hausarztmedizin der Dreh- und Angelpunkt der gesamten Gesundheitsversorgung.»

Zur Veranstaltung
Die Veranstaltung «Hausärzte – Einblick in ihren Alltag» war ein gemeinsamer Anlass der Vereine «Archiv Olten» und «Hausärzte Solothurn» sowie des Historischen Museums Olten. Sie fand im Rahmen der im Historischen Museum gezeigten Ausstellung «Fotografie der Gegenwart am Jurasüdfuss» statt, die das fotografische Schaffen von über 20 Fotografen aus dem Gebiet am Jurasüdfuss vorstellt. Kurz vor seinem Tod im Dezember 2009 übergab der Oltner Fotograf Franz Gloor sein gesamtes fotografisches Werk dem Historischen Museum, das den wertvollen Bestandunter der Leitung von Museumsleiter Peter Kaiser erschliesst, um ihn in Ausstellungen und Publikationen zeigen zu können. Unterstützt wird das Museum beim Verwalten des Nachlasses vom Verein «Archiv Olten», der auf Wunsch von Franz Gloor kurz vor dem Tod des Fotografen gegründet wurde. Ziel des Vereins ist neben der Publizierung fotografischer Arbeiten von Franz Gloor auch die Förderung und Erhaltung der Fotografie am Jurasüdfuss.

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